Generell gilt bei Wertermittlungen:

  • Die detaillierte Feststellung von Modernisierungsrückständen, von Baumängeln und Schäden sowie die Ermitt­lung der Kosten für die Beseitigung gehören im Rahmen einer Ver­kehrs­wertermittlung nicht zu den Sach­verständigenpflichten.
  • Der gewöhnliche Geschäftsverkehr beurteilt die Wertminderung für gewöhnlich nach dem Maß der Nutzungseinschränkung und/oder nach der Dauer der Nutzungseinschränkung. Modernisierungsrückstände, Reparaturrückstau und Schäden werden daher im Rahmen der Wertermittlung danach untersucht, wel­chen Ein­fluss sie auf die Kaufpreisentscheidung potenzieller Er­werber haben. So kann es zum einen geringfügige Mängel geben, die sich gar nicht auf den Verkehrs­wert auswirken, zum anderen sind Schäden und Mängel auch in der allgemeinen Einschätzung des Objektes still­schweigend ent­hal­ten.
  • Auch rein optische Mängel – ohne Nutzungseinschränkungen – können im Übrigen aber zu einer Wertminderung führen.
  • Sofern eine Wertminderung anzusetzen ist, bemisst sich diese in der Regel in Anlehnung an intern geschätzte Kosten für die Be­seiti­gung von Modernisierungsrückständen, Reparaturrückstau und Schäden. Diese inter­nen Kosten­schätzungen dienen lediglich als grobe Ori­entierung. Denn im Gegensatz zur rechtlichen Betrach­tung der Bauschäden und Baumängeln, die für gewöhnlich auf die Beseitigung abzielt, berücksichtigt der gewöhnliche Ge­schäftsverkehr Bauschäden, Baumängel und Reparaturrückstau durch eine Einpreisung im Verkehrswert/Schätzwert.
  • Investierte Kosten sind in der Wertermittlung nicht gleich­zusetzen mit Wert. Das heißt, dass sich der Wert der Im­mobilie nicht ge­nau um den Betrag erhöhen wird bzw. als Minderung anzusetzen ist, den eine Instandsetzung oder Modernisierung letzt­end­lich kosten wird. Es hängt immer davon ab, wie der Markt diese Maß­nahme hono­riert. Hier spielt im Übri­gen auch die Tat­sache eine we­sentliche Rolle, dass die Kosten je nach Ausfüh­rung und je nach ausführendem Un­terneh­men ohne­hin er­heb­lichen Schwankungen unterliegen.
  • Insbesondere Modernisierungsmaßnahmen werden in der Regel maß­geblich von subjektiven, häufig sehr individuellen Wünschen, Vorstellungen und nicht zu­letzt von den (finanziellen) Möglichkeiten der Ei­gentümer ge­prägt. In welchem Umfang letztendlich tatsächlich Modernisierungen durchge­führt werden, kann nicht vorhergesagt werden. Die Bandbreite von Modernisierungsszenarien ist sehr groß. Es ist daher nicht mög­lich, im Rahmen einer Wert­ermittlung alle Optionen für Moder­ni­sierun­gen zu berücksichtigen und wertmäßig zu erfassen.
  • Wertminderungen wegen Modernisierungsrückständen, Reparaturrückstau und Schäden müssen immer in Relation zum Gebäude beurteilt werden, d.h., es muss eine Verhältnismäßigkeit zum Wert der vorhan­denen baulichen Anlagen beachtet werden. So besteht bei der Ver­kehrswertermittlung ver­fahrenstech­nisch ein enger Zusammen­hang zwischen der Höhe der Wertmin­derung wegen Rück­stau, den gewähl­ten Normalherstellungs­kosten/Kostenkennwerten und der Alterswert­minderung (im Sachwert­ver­fahren) bzw. zwischen der Wert­minderung wegen Rückstau und der gewählten Miete, den Be­wirt­schaftungs­kosten, der Restnutzungs­dauer und dem Liegen­schafts­zinssatz (im Ertrags­wertverfahren). Die Kom­ponenten dürfen nie ein­zeln gesehen wer­den, son­dern müs­sen unbe­dingt immer im Kon­text betrachtet wer­den.
  • Die Bewertung von Modernisierungsrückständen, Reparaturrückstau und Schäden wird wesentlich vom Marktgeschehen beeinflusst. Bei einem Angebots­mangel wird der Wertabschlag erheblich niedriger ausfallen als bei ei­nem Überangebot ähnlicher Objekte.

Die gewählte Wertminderung spiegelt i.d.R. den Aufwand für die Her­stel­lung eines normalen, weder einfachen noch besonders gehobenen Zu­stands des Objektes wider und basiert auf durchschnittlichen Erfah­rungs­werten aus der einschlä­gigen Fachliteratur.

Bei Objekten mit gravierenden Rückständen in der Instand­setzung/In­standhaltung/Modernisierung ist für eine präzise Erfassung der erfor­der­lichen Maßnahmen ein detail­lierter Instandsetzungs- bzw. Sanierungs- und Modernisie­rungsplan notwen­dig. Solche Investitionsüberlegungen sprengen jedoch den Rahmen einer Wertermittlung bei weitem. Daher kann in der Regel lediglich eine grobe Schätzung der ent­spre­chen­den Ge­samt-Wertminderung vorgenom­men werden, die sich nicht auf eine kom­plette Kern- bzw. Grund­sanierung und Moderni­sie­rung mit Berück­sich­tigung sämt­lichst mög­licher Maßnah­men bezieht. Dies würde an­sonsten die Her­stellung eines an­nä­hernd neu­wer­tigen Zustands bedeuten und ent­spräche insbesondere bei älteren Häusern nicht dem Zustand, den ver­gleichbare Objekte älterer Bau­jahre durch­schnitt­lich aufwei­sen. Der Zu­stand wäre im Ge­genteil signifikant besser und hoch­wertiger! Aber ge­rade der Vergleich mit ähn­lichen, bau­zeitglei­chen Objekten stellt ein wesent­liches Ele­ment der Werter­mittlung dar. So ist keinesfalls davon auszu­gehen, dass ältere (Vergleichs-) Ob­jekte immer völlig schadensfrei und auf dem neuesten Modernisie­rungs­stand sind.

Zusammenfassend:
Es handelt sich bei der im Rahmen einer Verkehrswertermittlung an­gesetzten Wertminderung infolge von Modernisierungsrückständen, Reparaturrückstau und Schäden aus­drücklich nicht um eine Investiti­onskalkula­tion zur vollständigen Beseitigung. Entsprechend den Ge­pflogen­heiten im gewöhn­lichen Geschäftsverkehr des Immo­bilienmarktes bezieht sich die Wertmin­derung auf die Berücksich­tigung der Abweichungen des baulichen Zustands des Bewertungsobjektes im Vergleich zu einem üblichen Zustand ähnlicher, bauzeitgleicher Ob­jekte am Wertermittlungs­stich­tag. In einer Verkehrswertermittlung können die Auswirkungen ggf. vor­han­dener Bauschäden, Baumängel sowie Kosten für Bauschadensbeseitigungen und Mo­dernisierungserfordernisse auf den Wert nur pauschal und in dem am Besichtigungstag offensichtlichen Ausmaß berücksichtigt werden. Es wird empfohlen, ggf. eine diesbezüglich vertiefende Un­ter­suchung und darauf aufbauende Kostenermittlung anstellen zu las­sen.

 

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